Segel made auf Usedom

Segel made auf Usedom
In Berlin hat der damalige Student erst das Segeln und dabei eine Segelmacherin kennen gelernt. Seit dem ist er Feuer und Flamme für das alte Handwerk. „Das Theoretische beim Studium war für mich immer unbefriedigend. Hier kann ich etwas mit den Händen tun und sehen wie etwas Fertiges, Schönes entsteht“, erzählt der 38-Jährige. Gelernt hat er alles von der Pike auf: wie man Segel vermisst, konstruiert, zuschneidet und näht.
Weil es ihn zurück zu seiner Familie und auf seine Heimatinsel zog, stand für ihn schnell fest, dass er als Meister seine eigene Segelmacherei aufmachen will. Gleich neben seinem wunderschönen, alten Elternhaus in Dargen direkt am Haff. Das war vor zwei Jahren. Inzwischen hat er unter den Bootsbesitzern einen guten Ruf. Und seine Werkstatt ist ihm zum zweiten Wohnzimmer geworden, in dem er, seine Frau Annekatrin – die übrigens Bootsbauerin von Beruf ist –, und seine beiden kleinen Kinder sich fast genauso gern aufhalten wie in ihrem richtigen Wohnzimmer.
Von der Insel möchte Matthias Linde nicht mehr weg. Die Weite und die Nähe zum Wasser sind, erklärt er, für ihn am schönsten. Dazu kommt, dass sie mit der ganzen Familie ein 7,5 Meter langes Segelboot besitzen, mit dem sie auch an Regatten teilnehmen. „Ich liebe alles, was mit Booten und dem Wasser zu tun hat. Sobald ich auf dem Boot und aus dem Hafen raus bin, bin ich aus der Welt und aus der Zeit“, schwärmt er. Als typisch pommersch ausgeglichen beschreibt seine Frau Annekatrin ihn. Ideal für das ruhige Händchen beim Nähen großer Segel. Wenn Matthias Linde die Segel vernäht, sitzt er übrigens in einem ausgehobenen Schacht im Werkstattboden. Nur seine Arme und sein Kopf schauen daraus hervor. „Auf diese Weise kann ich die gesamte Fläche als Ablage- und Nähtisch nutzen.“
Bis zu zehn Meter große Segel kann Linde reparieren oder neu herstellen. Doch fertigt er längst nicht mehr nur Segel. „Der größte Teil meiner Produktion sind mittlerweile Bootsverdecke“, sagt er. Auch Sonnenschirme, Sonnensegel, Sonnendächer oder Hollywoodschaukeln bespannt er. Und auch so manch außergewöhnliches Projekt hat er schon realisiert. Hochkonjunktur hat seine Werkstatt im Frühjahr und im Herbst: „Da fällt allen Bootsbesitzern immer ganz plötzlich ein, dass noch einiges zu reparieren ist.“ Ansonsten liebt er es, dass er seine Arbeit direkt vor der Haustür hat und dass das Wasser nur einen Steinwurf entfernt ist. Sein Traum: „Irgendwann einmal, mehr Stunden unter statt über Segeln zu verbringen.“
Text von Sandra Grüning
